Wir entkommen dem „White Gaze“

Published On: 21. September 2022|Categories: FairMates, HiMate Shorts|5 min read|

White Gaze ist Englisch und bedeutet übersetzt so viel wie „weißer Blick“. Der Begriff wurde von der Autorin Toni Morrison geprägt und beschreibt ein Phänomen aus der Literaturszene.
Kurze Selbstumfrage: Du liest ein Buch, es wird eine Person beschrieben, deren Hautfarbe nicht explizit benannt wird. Welche Person erwartest Du?

Eine weiße Person? – Ja, genau, da wir alle mit dem White Gaze sozialisiert wurden.
Die meisten Bücher wurden und werden meistens noch von weißen Menschen für weiße Menschen geschrieben. Heute klären wir Dich über dieses Phänomen auf oder wenn Du es schon kennst, vertiefen wir Deinen Wissensstand darüber, was dies für Folgen für Dich hat und wie wir als Gesellschaft etwas dagegen tun können.

„White Gaze“ – was ist das?

Wenn in einem Buch nicht explizit erwähnt wird, dass eine Person Schwarz ist, gehen die meisten Lesenden davon aus, dass die Person weiß ist. Die Hautfarbe einer weißen Person muss also nicht genannt werden, die von BIPoC-Charakteren hingegen schon. Morrison beschreibt die Ursache mit der Tatsache, dass Bücher, Filme, Bilder und Technologien für weiße Menschen geschrieben oder entwickelt werden. So wie die gesamte Welt. Auch Autor:innen gehen oft beim Schreiben davon aus, dass die Lesenden weiß sind.

Gleichzeitig werden Schwarze Personen oft nur als Nebencharaktere aufgeführt, die nur dazu da sind, um die weiße Hauptfigur besser darzustellen.

Was hat der “White Gaze” für Folgen?

Tupoka Ogette erklärt, dass weißsein der Standard, normal, der Maßstab ist, der sich wie ein Deckmantel über die gesamte Welt legt. Alles, was dem nicht entspricht, ist nicht gut, falsch, nicht schön oder anders. Durch den White Gaze wird weiß sein als Norm bestätigt. Dieses Bild unterstützt White Supremacy (weiße Vorherrschaft), also den Glauben, dass weiße Personen über anderen ethnischen Gruppen stehen sollten. Eine weitere Tatsache ist, dass gerade in der Filmwelt die Schwarze Person oft entweder die böse Rolle innehat oder nur die unwichtige Nebenrolle.
Das wirkt sich auf den Alltag aus: Die Art und Weise, wie weiße Menschen Schwarze Menschen betrachten und wahrnehmen, wird so beeinflusst und Vorurteile entstehen.
Auch die Selbstwahrnehmung und das Selbstbewusstsein von Schwarzen Menschen können negativ beeinflusst werden und dies kann zum Impostor Syndrom führen (du magst mehr dazu wissen, dann lese oder höre das Buch von Alice Hasters an). In den 1940er Jahren wurde von den Psychologen Kenneth und Mamie Clark Experimente durchgeführt, die umgangssprachlich als „doll test” (deutsch: Puppentests) bekannt sind. Sie konnten beweisen, dass „Vorurteile, Diskriminierung und Segregation“ bei Schwarzen Kindern ein Gefühl der Minderwertigkeit hervorrufen und ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Hier könnt ihr ein Video sehen, wie der Test wiederholt wurde.

Die weltweite Black Lives Matter Bewegung hat dafür gesorgt, dass viele Menschen sich mehr mit ihren eigenen Rassismen (rassistischen Bildern in ihren Köpfen) beschäftigt haben. Es ist dennoch ein weiter Weg zu gehen.

Was kannst Du dagegen tun?

Informiere Dich: Es gibt viele BIPoC, die dazu Aufklärungsarbeit leisten. Lies z.B. das Buch „Exit Racism“ von Tupoca Ogette (welches es auch kostenlos auf Spotify als Hörbuch gibt) oder das Buch “Der weiße Fleck” von Mohamed Amjahid.

Werde Dir als erstes darüber bewusst, dass auch Du den White Gaze erlernt und verinnerlicht hast. Versuche Stückweise den White Gaze zu durchbrechen und überarbeite deine Denkmuster. Hier hilft nur sich selbst weiter zu bilden.

Lies Bücher, die von BIPoC geschrieben wurden. Schau Filme von BIPoC. So kannst Du neue Perspektiven aufnehmen und dem White Gaze langsam entfliehen.

Unter der Farbe “Hautfarbe” verstehen viele Menschen einen rosafarbenen Buntstift. Auch dies repräsentiert den White Gaze, da weiße Menschen entschieden haben, welche Farbe die normale Hautfarbe darstellt. Jedoch hat dies mit der Realität nichts zu tun. Kinder wollen sich und ihre Freund:innen so malen, wie sie wirklich aussehen! Unsere Freund:innen von “Hautfarben” haben ein Set aus Holzstiften zusammengestellt, das aus 12 nachhaltigen, unterschiedlichen Hautfarbenstiften besteht. Dieses Set hilft Kindern aus dem White Gaze auszubrechen und alle Hautfarben als gleich und schön zu betrachten! Hier gelangt ihr zur Internetseite.

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Um den White Gaze zu entkommen, ist es wichtig Bücher und Filme von BiPoc Person zu lesen bzw zu schauen.

Informier dich weiterhin

Es gibt viele Möglichkeiten Dich weiterhin zu informieren und zu lernen. Je mehr Einblicke Du bekommst, desto besser kannst Du verstehen, Dich selbst reflektieren und argumentieren! Hier haben wir ein paar interessante Quellen für Dich:

  1. Artikel über White Gaze von dem RosaMag Magazin, ein deutsches Onlinemagazin für Schwarze Frauen
  2. Toni Morrison über White Gaze
  3. Buch über Rassismus und eigene Selbstreflektion von Tupoka Ogette (sehr empfehlenswert und auch als Hörbuch)
  4. Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten, Buch von Alice Hasters (auch als Hörbuch auf Spotify)

Fazit

Es ist wichtig, dass Du Dir bewusst bist, dass es den White Gaze gibt und er auch Dich betrifft und Deine Denkweise beeinflusst. Lass uns als Gesellschaft dagegen gehen, mehr Räume schaffen für Menschen, die von Rassismus betroffen sind, sei es durch mediale Repräsentation, in Filmen und Büchern, in der Politik und Justiz, aber auch in allen Gesellschaftsbereichen. Dafür ist es wichtig, dass Intersektionalität mitgedacht wird (hierzu haben wir auch einen Instagram-Post). Wenn es um gewerkschaftliche Arbeit geht und darum, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, ist es wichtig BIPoC-Perspektiven zu sehen, um verstehen zu können, welchen spezifischen Kampf es noch braucht. Wenn es im feministischen Kampf um die Verbesserung einer spezifischen oder auch der allgemeinen Situation von FLINTA geht, ist es auch hier wichtig, die Belange und Bedürfnisse von BIPoC Frauen mitzudenken. Lasst uns zusammen rassistische Strukturen aufbrechen!

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